Ab Hof einkaufen in Österreich
Frischer geht nicht: Viele Bauernhöfe laden dazu ein, am Hof einzukaufen. Kürzer kann die Reise eines Lebensmittels kaum sein.
Zwischen duftender Zitronenmelisse und frischem Majoran steht Magdalena Steinbauer. Sie ist Kräuterpädagogin und lädt in der Biokräuterei Mathiasnhof ein, Oberösterreich mit allen Sinnen zu erfahren.
Magdalena Steinbauer trägt ihr geflochtenes Körbchen durchs bunt blühende Feld und streicht sanft mit der Hand über die saftigen Blätter der Kräuter. Der Strauch der Melisse reicht ihr schon weit übers Knie: „Bis zu 30 Jahre alt kann eine Zitronenmelisse werden.“
Aber am Bio-Kräuterhof der Familie Steinbauer werden nicht nur Kräuter-Klassiker angebaut, sondern auch ganz besondere, seltenere Sorten wie Anisysop, Oswegokraut, Zitronenverbene oder Goldmelisse. Magdalena Steinbauer pflückt ein kleines grünes Blatt, reibt es zwischen Daumen und Zeigefinger und hält es sich vor die Nase. „Es riecht nach Zitrone und nach Sommer.“
Weil Magdalena Steinbauer mit ihrem Bio-Kräuterhof darauf bedacht ist, regional zu arbeiten, wurde der Mathiasnhof von der AMA GENUSS REGION zertifiert. Das österreichische Siegel kontrolliert die Qualität und Herkunft der produzierten Lebensmittel.
Magdalena Steinbauer führt gemeinsam mit ihrem Mann Thomas seit 2016 die Biokräuterei Mathiasnhof im oberösterreichischen Hausruckviertel. Der Name ist noch der alte Hofname, ansonsten ist hier wenig wie früher.
Magdalena und Thomas Steinbauer haben den alten Schweinehof in Ottnang damals bei ihrer Übernahme zur Biokräuterei umgebaut: „Wir haben uns entschieden, uns auf den Anbau von Heil-, Wild- und Gewürzkräutern zu spezialisieren, nachdem der elterliche Betrieb einige Jahre stilllag. Mein Opa hat hier noch Schweine gezüchtet, aber das wollten wir nicht.“
Dass Magdalena und Thomas begonnen haben, sich für Kräuter zu interessieren, war eigentlich Zufall. Thomas ist Landschaftsgärtner. Magdalena ist Ergotherapeutin und Kräuterpädagogin.
Der Wunsch, sich mehr mit dem kleinen Grün auseinanderzusetzen, kam, weil sie gerne mit ihren Eltern über die wildbewachsenen Wiesen des Hofes spaziert ist, ihr aber niemand erklären konnte, was da auf der Wiese wächst. „Dass ich noch nicht mal weiß, was um mich herum wächst, hat mich gestört.“ Dieses Kräuterwissen gibt Magdalena Steinbauer heute an Schulkinder und Erwachsene weiter.
Laut ihren Eltern war die Urgroßmutter von Magdalena eine Kräuterhexe. Im Dachboden wurden alte Kräuterbücher gefunden. „Sehr schade, dass das Wissen verloren gegangen ist. Die Bücher wurden nämlich entsorgt, bevor ich mich für Kräuter interessiert habe.“
Deshalb haben sich Thomas und Magdalena, die junge Kräuterhexe der Familie, vieles selbst beigebracht und auch an der Technik getüftelt. Die Trocknungsanlage haben sie selbst gebaut. Die Kräuter-Trocknung wird über eine hofeigene Hackschnitzelanlage betrieben, das Holz stammt vom eigenen Wald. Eine große Photovoltaikanlage befindet sich zudem am Dach des Hofes.
Im zweiten Stock des alten Schweinestalls werden gerade in Eigenregie Ferienwohnungen gebaut. „Wir brauchen ein zweites Standbein, wenn wir beide hier am Hof arbeiten möchten. Thomas ist noch halbtags angestellt und arbeitet in der restlichen Zeit auf der Baustelle am Hof“, erzählt die junge dreifache Mutter.
Sobald die Ferienwohnungen fertig sind, soll Urlaub am Bio-Kräuterhof nichts mehr im Wege stehen. Denn hier gibt es nicht nur Kräuterfelder zu sehen und zu riechen, sondern auch Hühner, zwei Schafe und einen Hasen zu streicheln.
Aber nicht nur der Saustall soll bis Herbst 2022 eine andere Bestimmung bekommen, auch aus dem ehemaligen Hühnerstall hat die Familie schon einen kleinen Hofladen gemacht.
Direkt zu Beginn ihrer Tätigkeit am Hof 2016 war das ihr erstes Bauprojekt. Heute gibt es aber neue Pläne: „Wir verkaufen nur am Freitagnachmittag im Hofladen. Aber viele Leute wollen gerne auch unter der Woche oder am Wochenende kommen. Deshalb denken wir über einen Selbstbedienungsverkauf nach.“
Auf den Feldern kümmert sich Magdalena Steinbauer um die diversen Blütenkulturen und Küchenkräuter. Ihr Mann Thomas ist für den Blattkräuteranbau und die Sonderkulturen wie Urgetreide und Ölfrüchte zuständig. Im Sommer sind sie auf dem Feld, kümmern sich um die 2,5 Hektar Kräuteranbau und 10 Hektar Ackeranbau. Magdalena gibt auch Führungen für interessierte Urlaubsgäste. Im Winter verarbeitet Familie Steinbauer die frischen Kräuter zu Sirup, Teemischungen, Salzvariationen oder Gewürzmischungen.
„Großen Wert legen wir dabei auf eine schonende Be- und Verarbeitung der Kräuter. Deshalb finden alle Arbeitsschritte am Hof statt.“ Hierzu wurde im Jahr 2017 ein kleiner Trocknungsraum errichtet und 2018 eine Horden-Trocknungsanlage für ca. 15 Kubikmeter Kräuter pro Trocknungsgang.
Die notwendige Energie dazu liefert eine Solaranlage. Die Kräuter werden schonend bei Temperaturen um die 38 Grad getrocknet. Aber bei der Trocknung hört der umweltbewusste Umgang mit den Kräutern nicht auf:
„Wir nehmen nur Verpackungen, die möglichst umwelt- und ressourcenschonend sind. Das ist leider manchmal nicht so einfach, weil es hygienische Richtlinien gibt, die uns ganz schön fordern. Aber wir haben uns mittlerweile ganz gut eingearbeitet: Glas und Papier sind unsere Favoriten. Für unsere Etiketten verwenden wir recycletes Papier und jedes Etikett wird per Hand zugeschnitten. All unsere Produkte werden händisch etikettiert. Bei unseren Gläsern verzichten wir auf chemische Klebstoffe und verwenden stattdessen Milch“, erklärt Magdalena Steinbauer.
Aus dem Urgetreide vom Ackeranbau und den Ölfrüchten stellt sie am Mathiasnhof Nudeln her und selbstgepresste Öle. „Das Öl wird von unserem Schwager auf deren Biohof gepresst, die Nudeln werden in einer kleinen Manufaktur im Mühlviertel hergestellt. Aus unserem Urgetreide Emmer ist zurzeit Reis, Porridge und Müsli der absolute Hit.“
Auf einer Fläche von ca. 2,5 Hektar mitten in Oberösterreich gedeihen mittlerweile rund 40 bis 50 verschiedene Kräuter – von A wie Anisysop bis Z wie Zitronenverbene. Angefangen haben Magdalena und Thomas mit 3.500 Quadratmetern.
Für ein bisschen mehr Farbe im Leben und auf dem Teller ihrer Kund*innen sorgen die essbaren Blüten. „Die sind aktuell der absolute Renner, weil das schöne Anrichten auch in der eigenen Küche an Wert gewinnt.“
Mansing 1a
4901 Ottnang am Hausruck
Österreich
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