Spanische Hofreitschule
Reitkunst auf Weltniveau

Wo Tradition in Bewegung bleibt: In der Spanischen Hofreitschule in Wien wird die klassische Reitkunst mit Lipizzanern gepflegt – lebendig, präzise und UNESCO-geschützt.

Wenn die weißen Hengste im Takt der Musik durch die Winterreitschule der Hofburg schreiten, wird Geschichte lebendig. Die Spanische Hofreitschule in Wien ist kein Ort der Nostalgie – sie ist gelebte Kultur, bewegte Tradition und das kontinuierliche Streben nach Exzellenz.

Was im 16. Jahrhundert seinen Anfang nahm, ist heute eine weltweit einzigartige Institution, die das kulturelle Erbe Österreichs in die Gegenwart trägt. Ihre Wurzeln reichen bis ins Jahr 1565 zurück. Ursprünglich diente die Reitschule der Ausbildung von Pferden und der adeligen Jugend. Der Begriff „Spanische Reitschule“ verweist auf die iberischen Rassen, aus denen die edlen Lipizzaner hervorgingen – jene charakterstarken Tiere, die heute das Herzstück jeder Vorführung bilden. Seit mehr als 460 Jahren wird hier die klassische Reitkunst der Hohen Schule gepflegt – eine anspruchsvolle, fein abgestimmte Kunstform, bei der Reiter:in und Pferd zu einer harmonischen Einheit verschmelzen.

Die Reise der Hengste beginnt im steirischen Gestüt Piber, führt über das Trainingszentrum Heldenberg und findet ihren Höhepunkt in Wien. Ihre Ausbildung verläuft in mehreren Stufen und baut auf Vertrauen, Geduld und Feingefühl auf. Nur besonders begabte Hengste beherrschen am Ende die berühmten Schulsprünge wie Levade oder Kapriole. Doch das Faszinierende liegt nicht allein in der Tradition, sondern im ständigen Weiterdenken: Frauen sind längst fester Teil des Bereiter:innen-Teams, und durch innovative Vermittlungsformate wird das Erbe einem breiten Publikum zugänglich gemacht.

Wer hier eine Vorführung besucht oder einen Blick hinter die Kulissen wagt, spürt es sofort: Hier glänzt Tradition – nicht durch Stillstand, sondern durch Bewegung. Mit Haltung, Eleganz und einer stillen Selbstverständlichkeit, die genau das erzählt, was Österreich als Kulturland so besonders macht. Ein Ort der zeigt, wie sich kulturelles Erbe zeitgemäß und nachhaltig weitertragen lässt – ganz ohne Pathos, aber mit Haltung.

Fakten zur Spanischen Hofreitschule
Lage:1. Bezirk in Wien
Erste Erwähnung:Erwähnung einer Reit- und Turnierbahn in der Nähe der Hofburg am 20. September 1565
Baustil:Barock
Auftraggeber:Kaiser Karl VI.
Architekten:Johann Bernhard Fischer von Erlach und Emanuel Fischer von Erlach
Baubeginn:1729 als Winterreitschule im Michaelertrakt der Hofburg
Eröffnung:1735

Seit 2022 ist es amtlich: Das Wissen rund um die Lipizzanerzucht gehört zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit.

Die Spanische Hofreitschule in allen Perspektiven

Von Piber bis in die Hofburg

Leben der Lipizzaner

Im Gestüt Piber in der Steiermark wird mit sechs von acht Hengststämmen und 17 historischen Stutenfamilien gezüchtet. Lipizzaner werden dunkel geboren und erlangen ihre typische weiße Farbe im Alter von sechs bis zehn Jahren – gezielt weiß gezüchtet werden sie erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Jede Anpaarung folgt jahrhundertalten Linien und modernen Erkenntnissen, um Charakter und Bewegungsqualität weiterzugeben.

Die Fohlen wachsen in einer sogenannten Mutterstutenherde gemeinsam mit anderen Fohlen auf. Sie verbringen ihre Sommer auf weitläufigen Almen und entwickeln dort Trittsicherheit und Sozialverhalten. Mit etwa vier Jahren werden die Jungtiere – unabhängig vom Geschlecht – gemustert. Die Hengste wechseln in das Trainingszentrum Heldenberg, während die ausgewählten Stuten in Piber bleiben und eine zweijährige Ausbildung unter dem Sattel als auch vor dem Wagen absolvieren. Die Ausbildung der Hengste erfolgt in drei Stufen – Remontenschule, Campagneschule und Hohe Schule. In enger Zusammenarbeit mit den Bereiter:innen lernen die Pferde anspruchsvolle Lektionen bis hin zu den Schulsprüngen. Währenddessen bleiben die Stuten in Piber und prägen als Zuchtstuten die nächsten Generationen.

Nach ihrer aktiven Zeit kehren die Hengste in das Gestüt in Piber zurück, wo sie ihren Lebensabend in artgerechter Umgebung in einem liebevoll betreutem „Pensionistenstall“ verbringen.

Veranstaltungen und Führungen: Reitkunst hautnah

Ein starkes Zeichen für die kulturelle Bedeutung dieser Institution ist die internationale Anerkennung:

Seit 2010 zählt die klassische Reitkunst der Spanischen Hofreitschule zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Und 2022 wurde auch das Wissen um die Lipizzanerzucht in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen – ein weiterer Beleg für die tiefe Verwurzelung dieser Tradition im kulturellen Selbstverständnis Österreichs.

Lipizzaner als Souvenir

FAQs

Seit dem 1. Dezember 2022 steht Dr. Alfred Hudler als Geschäftsführer an der Spitze der Spanischen Hofreitschule in Wien sowie des Lipizzanergestüts Piber in der Steiermark. Der Manager soll dafür sorgen, dass Tradition, Pferdewohl und wirtschaftliche Zukunft gleichermaßen gesichert bleiben.

Die Spanische Hofreitschule entstand im 16. Jahrhundert unter den Habsburgern. Ferdinand I. und Maximilian II. legten die Grundlagen, das Jahr 1565 mit dem Bau der Stallburg in Wien gilt als offizielles Gründungsdatum. Die Zucht der Lipizzaner begann 1580 mit dem Hofgestüt Lipica. Eine einzelne Gründungsperson gibt es nicht – vielmehr war es ein Zusammenspiel mehrerer Herrscher und historischer Entwicklungen.

Die Spanische Hofreitschule befindet sich im Michaelertrakt der Wiener Hofburg, mitten im Zentrum von Wien. Sie ist gut erreichbar und nur wenige Gehminuten vom Stephansdom entfernt.

Der Name „Spanische Hofreitschule“ bezieht sich auf die Herkunft der Pferde, die im 16. Jahrhundert an den Wiener Hof gelangten. Unter Ferdinand I., der in Spanien aufwuchs, wurden erstmals andalusische Pferde nach Wien gebracht.

Die Habsburger herrschten damals über Spanien, Neapel und Österreich und förderten den kulturellen Austausch innerhalb ihres Reiches. Reittraditionen aus Spanien wurden übernommen und mit österreichischer Pferdezucht weiterentwickelt. Bereits Maximilian II., der Sohn Ferdinands, begann 1562 mit der gezielten Zucht spanischer Pferde in Österreich.

Schon früh war von einem „Spanischen Reitsaal“ oder „Spanischen Reithstall“ die Rede – Bezeichnungen, die sich auf die iberische Herkunft der Pferde bezogen. Auch wenn heute ausschließlich Lipizzaner eingesetzt werden, deren Wurzeln ebenfalls in spanischen, arabischen und berberischen Linien liegen, blieb der historische Name bis heute erhalten.

In der Winterreitschule erlebt ihr Kapriolen, Schulquadrille, Pas de deux und Arbeit am langen Zügel, begleitet von Musik in drei Varianten zwischen 45, 70 und 90 Minuten.

In der Spanischen Hofreitschule wird traditionell mindestens ein brauner Hengst gehalten – als Glücksbringer. Dieser Brauch geht auf alten Aberglauben und gelebte Tradition zurück. Da Lipizzaner dunkel geboren werden und erst mit der Zeit ihre charakteristische weiße Farbe entwickeln, erinnert der dunkle Hengst auch an die ursprüngliche Farbgebung der Rasse. So wird nicht nur ein Stück Geschichte bewahrt, sondern auch symbolisch Glück für die Schule und ihre Pferde gesichert.

Die weiße Schimmelfarbe setzte sich Ende des 18. Jahrhunderts aus züchterischen Geschmacksgründen durch. Sie dominiert genetisch, dunkle Pferde sind heute seltene Ausnahmen.

Pferde, die bei der Musterung nicht ausgewählt werden, stehen zum Verkauf – darunter auch angerittene Jungpferde und Zuchttiere mit solider Grundausbildung.

Klimaschutz-Info

Warum sind Traditionen und Brauchtum nachhaltig?

Die Pflege von Brauchtum und Tradition in Österreich ist eng mit Nachhaltigkeit verbunden. Traditionen wie Almabtriebe, Brauchtumsfeste und regionales Handwerk zeugen von tiefem Respekt vor der Natur und den Ressourcen. Diese Bräuche fördern Verständnis und Wertschätzung für die lokale Flora und Fauna sowie das Umweltbewusstsein.

Brauchtum und Tradition stärken aber auch die soziale Nachhaltigkeit: Traditionelle Feste wie etwa das Maibaumaufstellen, Osterfeste oder Weihnachtsbräuche stärken den Gemeinschaftssinn und das gemeinsame Engagement für die Pflege der Region. Auch Immaterielles Kulturerbe ehrt traditionelle Rituale, Bräuche und Handwerkskünste, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Wer als Gast solche Traditionen miterlebt, taucht ein in die österreichische Kultur – und das stärkt wiederum die lokale Identität.

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