Wiener Kaffeehäuser und ihre Kultur
Das Kaffeehaus
Ihr müsst es „erlebt“ haben, um es verstehen zu können. Als „Institution besonderer Art, die mit keiner ähnlichen der Welt zu vergleichen ist“, hat es der Schriftsteller Stefan Zweig beschrieben. Und tatsächlich: Im Kaffeehaus herrscht ein ganz eigenes Ambiente, eine Urform der Gemütlichkeit. Weil die Wiener Kaffeehaus-Kultur so einzigartig und voller Geschichten ist, hat die UNESCO sie 2011 zum immateriellen Kulturerbe erklärt.
Was ein Wiener Kaffeehaus auszeichnet?
Nirgendwo sonst wird der Kaffee auf einem Silbertablett serviert, immer mit einem Glas Wasser und einem dezenten Kaffeelöffel. Das Interieur von damals – Marmortische, Polstersofas und der Thonetstuhl – ist ein weiteres Erkennungszeichen, das ihr in den Traditionshäusern heute noch vorfindet.
Neben den traditionellen Kaffeehäusern gibt es auch die neue Welle der Kaffeebars, wo die Kaffeebohnen die eigentlichen Stars sind. Sie ziehen Kaffee-Aficionados an, für die Kaffee weitaus mehr ist als ein Genussmittel.
Im Kaffeehaus sitzen Leute, die alleine sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen.
Alfred Polgar
Wiener Kaffeehäuser mit viel Geschichte
Wenn ich nicht im Café Central bin, bin ich am Weg dorthin.
Peter Altenberg
Sigmund Freud hat’s gemacht, Andy Warhol, Gustav Klimt und Oskar Kokoschka ebenso: Sie alle verbrachten unzählige Stunden in Wiener Kaffeehäusern.
Es herrschte ein Kommen und Gehen, die Gäste spielten Schach, Karten oder Billard, lasen die Zeitung oder diskutierten das Weltgeschehen oder die eigenen Ideen.
Viele Kunstschaffende und Schreibende nutzten das Kaffeehaus als zweites Wohnzimmer, manche ließen sich sogar die Post hierherschicken. Es waren Orte der Geselligkeit, an denen Menschen wie sie den kleinen, kalten und dunklen Wohnungen entkommen konnten, die für die Jahrhundertwende üblich waren.
Das Café Griensteidl zum Beispiel, das es heute nicht mehr gibt, war 1890 der beliebteste Treffpunkt einer Gruppe Wiener Autoren namens Jung-Wien rund um Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus und Arthur Schnitzler. Im Kaffeehaus wurden sogar ganze Bücher geschrieben!
Das Wiener Kaffeehaus ist und bleibt eine Institution. Es ist noch immer ein Ort, an dem sich unterschiedlichste Menschen auf einen Kaffee oder Weißen Spritzer treffen, diskutieren und gute Gesellschaft genießen können.
Heutzutage trifft der Gast höchstwahrscheinlich auf Politiker:innen im Zum Schwarzen Kameel, Künstler:innen und Kunststudent:innen im Café Prückel (gegenüber dem MAK) oder Schauspieler:innen im Café Landtmann direkt neben dem Burgtheater.
Das Kaffeehaus wird immer noch als Erweiterung des eigenen Wohnzimmers betrachtet – als Ort für eine kleine (oder größere) Pause, die an jeder Ecke Wiens geboten wird.
Im Sommer bieten viele Cafés vor dem Lokal auch Sitzplätze im sogenannten „Schanigarten“ – benannt nach dem Cafébesitzer Gianni Tarroni, der zu Kaiserzeiten damit begonnen hat.
1683 versuchte das Osmanische Reich erneut, Wien zu erobern. Diese epische Schlacht gegen die Osmanen wurde vom Heiligen Römischen Reich geführt, angeführt von der Habsburgermonarchie und Polen-Litauen.
Nachdem die osmanische Armee besiegt worden war, wurden in ihrem verlassenen Lager von einem General des polnisch-litauischen Bündnisses Säcke mit seltsamen Bohnen gefunden.
Einige dachten, diese könnten Kamelfutter oder – schlimmer noch – Kamelmist sein. Aber der General experimentierte mit dem damals bitteren Gebräu, fügte Zucker und Milch hinzu, und kreierte schließlich ein neues Getränk: Kaffee.
Es wurde so gut aufgenommen, dass 1685 in ganz Wien schnell Kaffeehäuser eröffnet wurden und die mittlerweile berühmte Kaffeehauskultur geboren wurde. In ihrer Blütezeit der 1910er Jahre gab es in Wien rund 600 Kaffeehäuser.
Wien: Die Kaffeehäuser der Nacht
Wien ist zwar die Hochburg der Kaffeehäuser, aber auch in den Bundesländern finden sich Kleinode der Kaffeehauskultur:
Das Café Tomaselli in Salzburg, ist das älteste Kaffeehaus des Landes, seine Geschichte beginnt angeblich schon um 1700. Hier trafen sich Intellektuelle zum Zeitunglesen, Diskutieren oder Schachspielen.
Das Café Traxlmayer im Zentrum von Linz wurde von einem Schüler Otto Wagners gestaltet. Hier wird die Liebe zur Kunst gelebt: Lesungen und Konzerte machen das Haus genauso aus wie die köstliche Linzer Torte.
In Graz, direkt am Flussufer der Mur, liegt das Hotel Weitzer mit seinem nostalgischen Kaffee Weitzer. Wie es sich für ein Kaffeehaus gehört, gibt es dort Apfel- und Topfenstrudel – im Reindl gebacken.
Das Café Central in Innsbruck bietet seinen Gästen eine außerordentlich große Vielfalt an Kaffeespezialitäten. Alt-wienerisches Kaffeehausflair, die zentrale Lage und eine hervorragende Küche tragen zur Atmosphäre bei.
Die neue Kaffeehaus-Generation in Wien
Der Unterschied zwischen Kaffeehaus-Kultur und Kaffee-Kultur? Ins Kaffeehaus geht der Gast nicht ausschließlich, um Kaffee zu trinken. In die neuen Kaffeebars hingegen sehr wohl.
Immer mehr Third-Wave-Cafés von Ost bis West locken all jene an, die das schwarze Gold verehren.
In Salzburg hat sich das familiengeführte Röst- und Kaffeehaus 220 Grad einen Namen gemacht. In drei Filialen bereiten Baristas frisch gerösteten Hochlandkaffee nach allen Regeln der Kunst zu.
Organisch angebauten, direkt gehandelten Kaffee in zahlreichen Varianten – auch handgebrühten Filterkaffee – gibt es in Graz in den Filialen von Barista's.
In Linz solltet ihr euch die Bohne nicht entgehen lassen: ein Ort für Kaffeeliebhaber:innen mit einer sonnigen Terrasse im Frühling und im Sommer.
Duftende Kaffeekreationen aus gerösteten Rohkaffeebohnen gibt es bei Coffeekult in Innsbruck, einem für Nachhaltigkeit ausgezeichneten Familienunternehmen.
Häferlkaffee
Filterkaffee im Häferl (größere Tasse mit Henkel) mit hohem MilchanteilMelange
Halb Kaffee, halb MilchWiener Melange
Melange mit geschäumter Milch serviertKleiner Schwarzer (auch kleiner Mokka)
Einfacher Mokka in kleiner SchaleGroßer Schwarzer (auch großer Mokka)
Doppelter Mokka in großer SchaleVerlängerter (international: Americano)
Ein kleiner Schwarzer wird mit der gleichen Menge an heißem Wasser verlängertEinspänner
Espresso, heißes Wasser und viel Schlagobers (Schlagsahne)Kapuziner
Kleiner Mokka mit wenigen Tropfen Obers (Sahne)Franziskaner
Kleiner Mokka, heißes Wasser, heiße Milch und Schlagobers (Schlagsahne)Fiaker
Großer Mokka im Glas mit viel Zucker und einem Stamperl (Schnapsglas) Sliwowitz oder RumEiskaffee
Espresso, kalte Milch, 2 Kugeln Vanilleeis